Interview mit Geschäftsführer Stephan Wilkes

Die Covid-19 Krise prägt das Land. Individuelle Schicksale, Betroffenheit, aber auch wirtschaftliche Einbrüche und Planungsunsicherheiten bestimmen den gegenwärtigen Alltag, weit über die Grenzen Deutschlands hinaus. Doch trotz allem Negativen – entwächst nicht jeder Krise etwas Neues?

In einem Interview hat die Onlineredaktion des Kurfürsten Gesundheitszentrum Soyka den Austausch mit dem geschäftsführenden Gesellschafter Stephan Wilkes gesucht. Seine Gedanken und Meinungen wurden dabei beleuchtet und hinterfragt. Inhalte waren unter anderem die aktuelle Lage der Wirtschaft, Sichtweisen der Regierung und Auswirkungen für Ihn persönlich sowie sein Unternehmen.

Herr Wilkes schöpft aus den Erfahrungen der Vergangenheit. Die Zeit als Trainer einer Fußballmannschaft, wo es galt 20 Spieler und Verein zu koordinieren prägt ihn nachhaltig. Damals wie heute heißt es für ihn, ein Team zu führen und das, wie er selbst sagt: „in guten wie in schlechten Zeiten“. Was wie ein Eheversprechen klingen mag wird im aktuellen Kontext noch deutlicher: seine Arbeit ist eine Herzensangelegenheit und Leidenschaft. Seine Denkweise zukunftsorientiert, sein Handeln lösungsorientiert. Motivation und positive Zuversicht gehen ihm auch jetzt nicht verloren und springen im besten Fall auf das Team und die Patienten über.

Die Lage während Corona ist angespannt. Zukunftsängste, Planungsunsicherheit, private Herausforderungen und Finanzprobleme beherrschen das Land. Wie geht es Ihnen persönlich?

Persönlich geht es mir soweit so fröhlich, würde ich sagen. Aber natürlich gab es eine Art Schockzustand zu Beginn der Coronalawine. Denn diese hat glaube ich, jeden auf unterschiedlichste Weise getroffen. Nach eben dieser Schockphase jedoch, kam bei mir die Phase „gehen wir die Herausforderung an“. Und ab da überschlugen sich die Ereignisse.

Mit welchen Problemen sahen und sehen Sie sich in Bezug auf das Gesundheitszentrum konfrontiert?

Die Probleme, welchen ich grundlegend gegenüber stand, sind zwei Herzen welche in meiner Brust schlagen. Das Wohl der Mitarbeiter, sowie wirtschaftliche Faktoren meines Unternehmens. Die Problematik bestand darin, meine Mitarbeiter gesundheitlich sowie finanziell zu sichern und zeitgleich wirtschaftliche Probleme die auf uns zu rasten abfangen zu können. Die Fitness GbR musste vorübergehend geschlossen werden. Das komplette Kurssystem brach ein. Ebenso durften wir das Gesundheitsmanagement der Firmen nicht mehr bedienen. Unweigerlich kam es von heut auf morgen zu großen Umsatzverlusten.

Ein zweites Problem: permanent neue Entscheidungen und Vorgaben seitens der Regierung – insbesondere den Gesundheitssektor betreffend – welche es zeitnahst umzusetzen galt.

Und letztlich als dritte Problematik, die Angst in der Bevölkerung und die damit einhergehende Absagenflut seitens Patienten.

Wie machen sich Sorgen, Ängste oder eben die allgemeine Situation bei Ihren Patienten bemerkbar? Wie erleben diese Corona?

Es war deutliche Angst und Unsicherheit zu spüren. Ein Schockzustand, ausgelöst durch beispielsweise eindrucksvolle Bilder aus Spanien und Italien, welcher sich durch die eben erwähnte Absagenflut von Terminen ausdrückte. Körperliche Schmerzen wurden im Gegensatz zu Corona, als das kleinere Übel beurteilt. Patienten die trotz allem ihre Termine wahrnahmen, waren jedoch positiv von unseren Anstrengungen in Bezug auf den Schutz von Hygiene, des Wohlbefindens und der Sicherheit überrascht. Derzeit verschieben sich jedoch die Ängste. Denn immer mehr Personen spüren nun wirtschaftliche Betroffenheit und fühlen sich müde vom hiesigen Thema. Ich beschreibe dies als nächste Phase, die gerade erst begonnen hat.

Ihr Team arbeitet weiterhin täglich mit Patienten, wie beschreiben Sie die Stimmung und Wahrnehmung seitens der Angestellten?

Zunächst einmal möchte ich sagen, dass ich das beste Team um mich habe, welches ich mir wünschen kann. Dafür bin ich extrem dankbar und ziehe den Hut davor, dass alle mitgezogen und sämtliche Maßnahmen mitgetragen haben. Es ist ein Zusammenhalt zu erkennen, der für mich in seiner Art einzigartig ist. Natürlich war auch hier Angst zu verspüren, bei dem Einem mehr, dem Anderen weniger. Aber die Stimmung steigt im Verlauf der Wochen und alle ziehen an einem Strang. Somit musste, dank getroffener Maßnahmen bis dato auch noch niemand in Kurzarbeit. Das Team und die Arbeit bietet uns ein Stück weit kleine Normalität.

Das Team des KGS besteht aus 15 festangestellten Therapeuten, insgesamt aus fast 30 Mitarbeitern, sowie Ihnen und Herrn Braun als Gesellschafter – wie bekommen Sie das koordiniert?

Ich schöpfe hier aus meiner Erfahrung, auch als Trainer. Ein Team ist ein Team. Es ist ein wachsender Prozess, in dem jede Menge Herzblut steckt. Verschiedene Säulen zu haben, an die man Verantwortung abgeben kann, ohne den Drang zu verspüren alles kontrollieren zu wollen, ist besonders wichtig. Zeitgleich müssen Leitlinien vorgegeben werden, um Orientierung zu gewährleisten. Ein Prozess der einem schon viel abverlangt. Aber das Wichtigste für mich die Wertschätzung gegenüber jedem Einzelnen. Egal ob Leitung, Therapeut, Rezeptionskraft oder Reinigungspersonal.

Gibt es nicht unterschiedlichste Sichtweisen innerhalb des Teams?

Die muss es geben und die gibt es. Wie man im rheinischen sagt: jeder Jeck ist anders. Das Thema Corona wird verschieden aufgefasst und bewertet. Meine getroffenen Entscheidungen ebenso. Es gibt in einem Team von 25 Personen forsche und ruhige Charaktere. Es gibt die Macher, die Denker. Mit Sicherheit auch kurzfristige Reibungen. Aber das muss so sein. Nur so entsteht Wachstum, wenn sich die verschiedenen Meinungen kreuzen und daraus etwas entwickelt wird. Gemeinsam! Auch in Bezug auf Corona. Das Bedenken der Einen, hat auch meine Sichtweise beeinflusst und zum Hinterfragen dieser geführt. Nur so kann man sich mit allen möglichen Szenarien auseinandersetzen und zukunftsorientiert planen. Letztlich sind die Teams mit dem größten Zusammenhalt am erfolgreichsten.

Trotz der Lage haben sie mitten in der Krise zwei neue Mitarbeiter angestellt – wie kam es dazu?

Meine Denkweise bleibt zukunftsorientiert. Die Entscheidung das Personal aufzustocken haben wir daher gezielt getroffen.

Überall werden Arbeitsverhältnisse gekündigt. Kurzarbeit tritt, besonders in der Branche der Heilberufe, immer mehr in Kraft. Sie setzen auf Erweiterung – ist das kein Risiko?

Natürlich ist das ein Risiko. Als Selbstständiger dem normalen Denken immer einen Schritt voraus zu sein, ist meiner Meinung nach die Kunst und ein Baustein des Erfolgs. Es wird weitergehen und bestenfalls besser als zuvor. So meine Ansage – auch gegenüber des Teams. Nur so kommen wir aus der Krisensituation- und Stimmung wieder raus. Selbständig ist man auch in negativen Phasen. Diese Art der Krise konnte ich nicht vorhersehen, aber die Sicherheit dass auch mich im Laufe der Jahre eine Krisensituation treffen wird, davon musste ich ausgehen und dementsprechend kalkulieren. Generell sollte man immer in der Szenarien denken: Best, Real & Worst. Anders geht es nicht.

Machen es sich andere Arbeitgeber Ihrer Meinung nach zu leicht?

Auf unsere Branche bezogen eindeutig ja und ich weiß, dass ich mich damit nicht beliebt mache. Sätze anderer Praxisbesitzer wie „der Staat muss Dieses und Jenes“ sind mir zu einfach. Immer alles abschöpfen und dann jammern, wenn es nicht läuft… Selbstständig heißt kreativ sein, an die Zukunft denken, reagieren und agieren! Auch ich habe mir Sorgen gemacht. Auch ich war in einer Art Schockstarre, aber dann heißt es Aufstehen! Wir hatten das Glück noch arbeiten zu dürfen. Wenn ich dann in Zeitungen lese, dass Praxisbesitzer eine Schließung seitens des Staats fordern, dann fällt mir nichts mehr ein. Es schürt unweigerlich mehr Ängste bei Patienten. Jeder hat doch selbst die Entscheidungsmacht zu sagen „nicht mir mir, ich mache zu“ oder „ich bleibe zu Hause“, da muss der Staat doch nicht die Entscheidung fällen.

Vor anderen Branchen ziehe ich da den Hut: Gastronomen beispielsweise. Ich bin überzeugt, da hätte sich keiner beschwert arbeiten zu dürfen. Sie hätten Lösungen gesucht.

Sie haben bis dato keine Kurzarbeit veranlassen müssen. Was haben Sie anders / besser gemacht, als der Rest der Branche?

Das Geheimnis ist simpel. Es braucht Ideen, Mut und Kreativität anders zu agieren als vielleicht üblich. Ich muss von meiner Idee überzeugt sein und daher schlage ich auch gerne andere Wege ein. Unabhängig davon, was andere dazu sagen. Unternehmerisches Denken zur Abwechslung zum therapeutischen Denken!

So haben wir als eine der ersten Praxen noch vor der Regierung reagiert und unser Team unterteilt, um selbst im Falle einer Infektion weiterhin für unsere Patienten da sein zu können. Obendrein eine räumliche Trennung der Mitarbeiter. Denn das ist eine meiner Prioritäten. Weiterhin körperliche Beschwerden zu mindern und mit einem offenen Ohr ein Stück Normalität, auch in Krisenzeiten zu gewähren. Gleichzustellen mit dem Wohl und der Sicherheit meines Teams.

Ob ich am Ende alles besser oder schlechter gemacht habe, wird man sehen und das dürfen dann auch andere beurteilen.

Sie erwähnten zu Beginn den Einfluss der Medien. Regierung und Virologen sagen vorher, dass uns die Situation durchaus noch lange begleiten wird. Mit Einschränkungen werden wir leben müssen. Sie erweitern Ihr Team. Widersprechen Sie somit nicht unterschwellig dem Rat der Virologen?

Ganz im Gegenteil. Die Erweiterung bringt ja auch Erleichterung die Vorgaben der Regierung umzusetzen. Ich schütze durch solche Entscheidungen alle Beteiligten. Allerdings gebe ich zu, dass ich ein kritisches Bild einiger Virologen und auch von Teilen der Regierung habe. Ich möchte die Arbeit nicht beurteilen, das steht mir auch nicht zu, aber ich halte es für unglücklich, dass ein Virologe der aus Angst vor einer Infektion sein Getränk nur aus der Flasche trinkt, Berater der Regierung ist. Was diese dann aus den Beratungen macht, ist für mich teils utopisch und eher polemisch.

Dinge nicht nur schwarz und weiß zu sehen und nicht nur Panik zu verbreiten, wie es beispielsweise der Bonner Virologe Prof. Dr. Hendrik Streeck handhabt, kommt bei mir hingegen gut an.

Behaupten Sie damit, die Sicht einiger anerkannter Politiker oder auch Virologen sei fernab der Realität?

Ja, absolut. Die größte Angst des Menschen ist die vor dem Tod. Weil sie die Angst vor dem Unbekannten ist. Deshalb habe auch ich verstanden, dass man Krankenhäuser vor einer Überfüllung von Coronapatienten schützen muss. Doch mittlerweile haben viele Krankenhäuser Kurzarbeit angemeldet, da zu wenige Patienten und zu viele freie Betten. Herr Professor Lauterbach hat sich letztes Jahr dafür stark gemacht unser Gesundheitssystem zu reformieren und Krankenhäuser zu schließen, weil wir zu viele davon hätten. Genau dieser Herr tritt jetzt wieder auf und argumentiert komplett in die andere Richtung. Wo wären wir, wenn er es hätte umsetzen können? Herr Helge Braun, immerhin selbst Arzt, warnt jetzt noch vor der Apokalypse, ähnlich wie Herr Professor Dr. Drosten, der scheinbar jeden Tag eine neue Meinung hat, oder Herr Professor Dr. Kekulé. Nur wo bedenken die Herren, dass es noch andere Ängste gibt? Anders ausgedrückt:

Die wirtschaftlichen Folgen werden weder Helge Braun, seine Chefin Angela Merkel, alle Politiker im Coronakrisenstab, noch Topvirologen und weiter ebenso wenig  die Beamten treffen. Berufspolitiker und Beamte werden niemals Kurzarbeitergeld beantragen müssen. Rente und Pension sind sicher, Arbeitslosigkeit keine Bedrohung. Es ist also unfair, auf Versorgungslage der Entscheidungsträger hinzuweisen? Ich finde nicht! Es ist unser System, absolut korrekt, es gilt freie Berufswahl, auch korrekt, aber: wer nachts nicht in den Schlaf kommt, weil ihn die Schulden drücken, sieht die Lage der Wirtschaft eben anders. Sehen Sie es mir nach, aber für mich bestimmt nach wie vor das Sein das Bewusstsein. Die Vorgaben zu erfüllen ist für jemanden der finanziell totalstens gesichert ist, eventuell sogar in der Pharmaindustrie arbeitet, oder keine Existenzen von nahestehenden Mitarbeitern fürchten muss, durchaus leichter und er wird diese auch für gut heißen. Bei allen anderen schwappt dann jedoch die Angst über auf einen anderen Tod: den eigenen wirtschaftlichen Tod. Suizid, Angstzustände… auch Psychologen unter unseren Patienten sind mit uns im Austausch und man ist sich einig, es gibt bereits Todesopfer von Corona die in keiner Statistik geführt werden. Und leider wird es auch noch weitere geben.

Welche Meinungen lassen Sie in Ihr Unternehmen einfließen?

Prinzipiell richte ich  mich nach allen öffentlichen Vorgaben. Ich erfülle die Maßnahmen zu 100% und noch darüber hinaus. Dennoch informiere ich mich vielfältig und finde die Wahrheit meist in der Mitte aller Informationen. Vermutlich gibt es auch nicht das „eine Recht“. Daher gefallen mir Auftritte von Herrn Professor Streeck so gut. Analysieren und kritisch hinterfragen. Andere Meinungen zulassen. Letztlich ist für mich der Gedanke ausschlaggebend zu sehen, worin meine Chance in der Krise liegt. Was kann ich Positives daraus gewinnen.

Wie ist somit zusammenfassend Ihr Ausblick für 2020?

Jede Krise birgt Chancen. Jede Krise hat auch Gewinner. Die Frage, die mich weiterhin in diesem Jahr begleiten wird ist, was muss ich tun um für mein Team die teilweise unsichtbaren Chancen zu ergreifen? Ich bin sicher der Zusammenhalt im Gesundheitszentrum wird noch größer und wir gehen gestärkt und positiver voran. Das Bewusstsein dafür Teil einer Praxis zu sein, in der jeder gerne arbeitet und in der gelacht wird, wie viel Normalität das bedeutet und wie wichtig Alltag sein kann… eine elementare Erkenntnis der letzten Wochen und prägend für unsere Zukunft.